Hört uns mal zu!

„Computerspiele können große Kraft über einen haben“

Charlotte, 12:

Charlotte ist einmal auf ein Abzocke-Spiel reingefallen, musste erst vor Schrecken heulen und hat sich dann schrecklich geärgert. Foto: Achim Multhaupt

Zurzeit spiele ich am liebsten “Matching Mansion”, weil mir das wirklich viel Spaß macht. Ich finde, das Spiel macht schon ein bisschen, na ja – süchtig. Bei dem Spiel muss man Häuser einrichten, das liebe ich! Erst musst du Steine in die richtige Reihenfolge bringen, dann bekommst du dafür Sterne. Die Sterne investierst du zum Beispiel in eine Badewanne oder ein neues Wohnzimmer. Deshalb brauchst du ganz viele Sterne. Und deshalb musst du spielen, spielen, spielen …

Irgendwann ist mir aber aufgefallen: Oh, das wird zu viel! Wenn wir mit meiner Familie bei Freunden waren, musste ich die ganze Zeit an das Spiel denken. Deshalb hab ich es von der Startseite auf meinem Handy auf ein Fenster ganz nach hinten verschoben, sodass ich es nicht immer gleich als Erstes sehe, wenn ich das Handy anmache.

Meine Eltern geben mir viel Freiheit am Handy, weil sie wissen, ich würde mir keinen Quatsch runterladen. Das ist mir nur ein einziges Mal passiert, und da muss ich heute noch dran denken: Ich war neun, lag krank im Bett und durfte deshalb am Handy spielen. Da hab ich mir ein kostenloses Spiel runtergeladen, bei dem man aber Felder kaufen muss, und zwar mit echtem Geld. Ich hatte so eine Apple-Gutscheinkarte mit 15 Euro drauf und habe mir gedacht, dann probier ich das mal. Wenn ich jetzt darüber nachdenke: Dieses Spiel war eigentlich komplette Abzocke: Wenn man das Geld nicht ausgegeben hätte, dann hätte man gar nicht mehr weiterspielen können! Na ja, und am Ende erschien dann auch plötzlich die Nachricht: „Ihre Karte ist leer.“

Da hab ich so einen Schreck bekommen und erst mal geheult. Wie sollte ich das meinen Eltern sagen? Sie hatten mir diese Karte gerade erst aufgeladen und ich habe an einem Tag 15 Euro komplett aufgebraucht – ohne zu fragen.

Meine Eltern waren zwar nicht sauer, aber ich glaub, sie haben gedacht: „Charlotte kommt doch wegen allem zu uns, warum hat sie es bei dieser Sache nicht gemacht?“ Man geht ja wegen jedem Schrott zu seinen Eltern, aber dieses eine Mal hab ich es nicht gemacht – und genau dann passiert das. Ein Computerspiel kann eine große Kraft über einen Menschen haben, das hab ich selbst erlebt. Von dieser Kraft merkst du selber gar nicht so viel, weil du deinen Kopf beim Spielen abschaltest. Und wenn du deinen Kopf wieder anschaltest, dann merkst du plötzlich: Dieses Spiel hat grade eine größere Macht als mein Kopf.


Dieser Artikel stammt aus dem scout-Heft 1/2019: "Die wollen doch nur spielen!"

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