Interview

„Beim Jugendschutz sind wir alle gefragt!"

Die MA HSH ist eine von 14 Landesmedienanstalten und prüft unter anderem die Einhaltung des Jugendmedienschutzes im privaten Fernseh- und Radioprogrammen sowie auf YouTube, Instagram, TikTok und co.

Carole Possing, Referentin für Jugendmedienschutz bei der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH), über Jugendschutz bei sexuellen Medieninhalten.

Wenn Kinder im Tagesprogramm Sextoy-Werbung sehen, kommen Eltern schon mal in Erklärungsnot. Kann die MA HSH denn nichts dagegen tun?

Die Not der Eltern ist verständlich. Sie müssen unvorbereitet und aus dem Stegreif Fragen ihrer Kinder zu sexuellen Themen beantworten. Dieses Unbehagen der Eltern allein ist aber noch kein Indiz für einen Jugendschutzverstoß. Wenn die Spots zurückhaltend gestaltet sind und keine problematischen Handlungen, Verhaltensweisen oder Rollenbilder zeigen, stellen sie keinen Rechtsverstoß dar. Und doch, ganz unproblematisch ist solche Werbung nicht Sexualität wird einmal mehr kommerzialisiert.

Welche Sexdarstellungen sind denn für Kinder und Jugendliche problematisch?

Das hängt unter anderem von der Drastik der Bilder ab und davon, welches Bild von Sexualität vermittelt wird. Problematisch sind zum Beispiel Darstellungen von aggressiv wirkenden Sexualakten. Oder diskriminierende Darstellungen, wenn Frauen etwa als unterwürfige, stets verfügbare und austauschbare Sexobjekte gezeigt werden oder Männer als stets triebgesteuert und potent. Und, um bei Sextoys zu bleiben: Darstellungen, die ihren Einsatz zeigen, können Minderjährige verunsichern oder verstören. Besonders problematisch ist Pornografie. Sie zeigt ein Bild von Sexualität, das von einem enormen Leistungsdruck geprägt ist. Der sexuelle Akt steht im Fokus, Gefühle oder zwischenmenschliche Beziehungen werden ausgeklammert.

Was tut die MA HSH, um Minderjährige davor zu schützen?

Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) verbietet in Deutschland Pornografie im Fernsehen und erlaubt sie im Internet nur, wenn ausschließlich Erwachsene Zugriff haben – zum Beispiel durch Altersverifikationssysteme. Verstöße gegen diese Regeln stellen eine Straftat dar. Kann die MA HSH einen Verantwortlichen ermitteln, stellt sie Strafanzeige und ergreift medienrechtliche Maßnahmen, damit Minderjährige keinen Zugriff mehr darauf haben.

Bei Sexualdarstellungen, die noch nicht pornografisch sind aber Minderjährige dennoch beeinträchtigen können, gelten weniger strenge Regeln. Auch hier wird die MA HSH bei Regelverstößen aktiv.

Im Netz finden sich aber trotzdem viele pornografische Inhalte. Wie kann das sein?

Das Internet wird weltweit genutzt – weltweit gültige Regeln gibt es aber (noch) nicht. Der JMStV enthält im internationalen Vergleich zwar besonders strenge Regeln, er ist aber nur bedingt gegen ausländische Anbieter einsetzbar. Wenn Maßnahmen möglich sind, ziehen sie oft komplizierte und langwierige Verfahren nach sich.

Was empfehlen Sie Eltern, die ihre Kinder besser vor pornografischen Inhalten schützen wollen?

Eltern empfehle ich, technische Schutzvorkehrungen für Geräte, Dienste und Apps ihres Kindes zu nutzen. Über Einstellungsoptionen direkt an den Geräten oder spezielle Filtersoftware können beeinträchtigende oder pornografische Inhalte geblockt werden. Aber einen hundertprozentigen Schutz gibt es leider nicht. Deswegen ist es wichtig, problematische Inhalte im Fernsehen, aber auch auf Video- oder Social-Media-Plattformen zu melden. Entweder beim Anbieter oder bei der MA HSH. Beim Jugendschutz sind wir alle gefragt!